Online-Casino-Zahlungsanbieter Wirecard geht pleite

Wirecard, ein deutsches Finanzdienstleistungsunternehmen und ein Zahlungsanbieter mit Fokus auf Online-Casinos, befindet sich in Teufels Küche, nachdem mutmaßlich gefälschte Transaktionen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro in den Firmenkonten entdeckt wurden. CEO Markus Braun ist inzwischen zurückgetreten und verhaftet worden, das Unternehmen hat Insolvenz angemeldet.

Ein Betrug in Milliardenhöhe

Nach den Anschuldigungen gegen Wirecard wurde der CEO des Unternehmens am Montag, den 29. Juni 2020, verhaftet und einen Tag später gegen eine Kaution in Höhe von 5 Millionen Euro freigelassen. Braun wird vorgeworfen, die gefälschten Transaktionen erstellt zu haben. Es sieht jedoch so aus, als seien die Kontodiskrepanzen ausgeklügelter Natur und viele Parteien in sie verstrickt.

Auch Ernst & Young, die Wirtschaftsprüfer von Wirecard, gerieten ins Kreuzfeuer, weil sie die Diskrepanzen bis vor Kurzem nicht erkannt hatten. Ernst & Young sind seit 2007 als Wirtschaftsprüfer für die Marke Wirecard tätig und haben die Kontostände für 2018 abgezeichnet. Das Unternehmen sieht sich ebenfalls mit Klagen konfrontiert, da ermittelt werden soll, weshalb der Betrug den Prüfern nicht auffiel, bevor es bereits zu spät war. Eine Klage gegen Ernst & Young wurde im Namen der Investoren von Wolfgang Schirp eingereicht, Softbank wird aller Voraussicht nach ebenfalls eine eigene Klage gegen die Wirtschaftsprüfer einleiten.

Den Anschuldigungen folgend hat die britische Financial Conduct Authority die Einstellung sämtlicher Aktivitäten von Wirecard angeordnet, was bedeutet, dass die Mittel von Online-Casino-Spielern, die eine Mastercard mit Wirecard-Branding für ihre Transaktionen verwenden, möglicherweise eingefroren werden.

Wirecard meldet Insolvenz an

Nach Bekanntgabe der finanziellen Diskrepanzen hat Wirecard zudem Insolvenz angemeldet. Im Rahmen einer wahrscheinlichen Auflösung des Unternehmens könnten die ausstehenden Kredite in Höhe von 1,3 Milliarden Euro womöglich zurückgezahlt werden.

Wirecard wurde 1999 gegründet und konzentrierte sich wesentlich auf die Bereitstellung von Zahlungsdiensten für den Online-Casino-Markt. Nachdem Braun 2002 in den Vorstand des Unternehmens eintrat, übernahm dieses die führende iGaming-E-Wallet Click2Pay. In den letzten Monaten häuften sich jedoch die Hinweise darauf, dass etwas bei Wirecard nicht korrekt läuft. Im Januar 2019 veröffentlichte die Financial Times einen Bericht darüber, wie das Unternehmen in Singapur Verträge gefälscht hatte. Dieser Bericht wurde von Wirecard dementiert. Das Unternehmen verklagte die Financial Times im Gegenzug sogar – trotz eines Einbruchs der Aktienwerte.

Diesen Anschuldigungen folgten schließlich weitere im September 2019, als die Financial Times die Bilanztabellen des Unternehmens veröffentlichte. Die Marke sah sich gezwungen, eine unabhängige Prüfung durch KPMG vorzunehmen. KPMG berichtete, dass nicht ausreichend Unterlagen zur Verfügung gestellt worden waren, um die Vorwürfe genauer zu behandeln. Ernst & Young weigerte sich schließlich letzte Woche, die Finanzzahlen der Marke abzuzeichnen, als die Diskrepanzen aufgedeckt wurden. Nun scheint der beliebte Online-Casino-Zahlungsanbieter den Betrieb wohl komplett einzustellen.